Lenk- und Ruhezeiten: Was Brummi-Fahrer wissen müssen

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Bei den Lenk- und Ruhezeiten sowie Arbeitszeiten herrscht bei Lkw-Fahrern selbst oft Unklarheit, was im Rahmen und vor allem was gesetzlich erlaubt ist – so komplex und umfangreich sind die Regelungen. Empfindliche Strafen drohen zudem.

Schwere Unfälle sind vorprogrammiert

Im Büro ist es nicht allzu tragisch, wenn einen die Müdigkeit plötzlich überfällt. Im Straßenverkehr hingegen kann dies drastische Folgen haben: Übermüdete Lkw-Fahrer sind im sehr dichten Güterverkehr auf den Autobahnen und Straßen Europas eine Gefährdung für die Verkehrssicherheit. Viele schwere Unfälle passieren, weil die Lkw-Fahrer am Steuer eingenickt sind.

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Umfangreiches EU-Regelwerk zu den Lenk- und Ruhezeiten der Lkw-Fahrer

Die Regeln, wann Pausen eingelegt werden müssen, wie oft Lkw-Fahrer die Tageslenkzeit verlängern dürfen oder wie sie die tägliche Ruhezeit unterbrechen dürfen, sind in der Verordnung des EU-Parlaments (EG) Nr. 561/2006 und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr festgelegt. Doch wer hat schon die Zeit und die Muße, sich dieses umfangreiche Regelwerk – verfasst in Bürokratie-Deutsch – genauer zu Gemüte zu führen?

Unwissenheit schützt aber bekanntlich vor Strafe nicht: Das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) und die Polizei kontrollieren in Deutschland die Einhaltung der Vorschriften, wobei hier auch das (digitale oder analoge) Kontrollgerät eine zentrale Rolle spielt. Es speichert unter anderem die Lenk-, Arbeits- und Ruhezeiten des Fahrers.

Lkw-Unfälle sind vermeidbar

Wenn ein 40-Tonner ungebremst auf ein Stauende prallt, gibt in der Regel Schwerverletzte, mitunter Tote. Selbst hartgesottene Rettungskräfte sind bei diesen Vorfällen zutiefst bewegt, so der Jahresbericht der „Unfallforschung der Versicherer“ (Download hier). Viele Unfälle mit Lkw-Beteiligung sind neben technischen Mängeln, Überladung oder falsch gesicherter Ladung oft der Überforderung der Fahrer geschuldet.

Jeder Lkw-Fahrer sollte sich daher die Eckdaten der Lenk und Ruhezeiten Lkw genau einprägen, um Fehler und zu vermeiden und schließlich auch kritischen Situationen mit Übermüdung sowie Verwarnungen und Geldbußen vorzubeugen. Die oft auch als „moderne Nomaden“ in Europa bezeichneten Trucker, die entlang der wichtigsten Routen über Wochen wichtige Waren transportieren, sind diejenigen, die wichtige Aufgaben zur Versorgungssicherheit der Bevölkerung zu erfüllen haben. Dennoch müssen sie über die Sicherheit im Rahmen des Warentransports Bescheid wissen und sie einhalten.

Lenk- und Ruhezeiten – für wen gelten sie?

Die Vorschriften bzgl. der Lenk- und Ruhezeiten gelten für Lkw- wie für Busfahrer. Wer sich gesetzeskonform verhalten will, muss die Fachbegriffe kennen. (#1)

Die Vorschriften bzgl. der Lenk- und Ruhezeiten gelten für Lkw- wie für Busfahrer. Wer sich gesetzeskonform verhalten will, muss die Fachbegriffe kennen. (#1)

Fahrer von Fahrzeugen, die ein zulässiges Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen und mehr aufweisen oder mit denen mehr als acht Personen (plus Fahrer) befördert werden können, müssen die Lenk- und Ruhezeiten für Lkw einhalten. Diese gelten in Deutschland auch für Fahrer von Kraftfahrzeugen mit Anhängern, die mindestens 2,8 Tonnen und maximal 3,5 Tonnen auf die Waage bringen, wenn die Lkw zum Gütertransport bestimmt sind. Ebenfalls darunter fallen Gespanne aus Zugfahrzeug und Arbeitsmaschine mit mehr als 2,8 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht.

Was fällt unter die Lenktätigkeit?

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Übersicht Lenk- und Ruhezeiten für Lkw-Fahrernotoc

  • Gesamtlenkzeit pro Tag:
    9 Stunden (kann 2x pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden)
  • Gesamtlenkzeit pro Woche:
    56 Stunden (in einer Doppelwoche 90 Stunden)
  • Lenkzeit:
    max. 4,5 h am Stück
  • Lenkzeitunterbrechung:
    mind. 45 Minuten (in 15- und 30-Minuten-Blöcke aufteilbar)
  • Ruhezeit pro Tag:
    11 Stunden (max. 3x pro Woche auf 9 Stunden reduzierbar)
  • Ruhezeit pro Woche:
    45 Stunden (Verkürzung auf 24 Stunden möglich. Fehlende 21 Stunden sind innerhalb von 3 Wochen nachzuholen)

Allgemein wird die Dauer der Lenktätigkeit als Lenkzeit bezeichnet, also die Zeit, welche Lkw-Fahrer aktiv am Lenkrad in der Kabine verbringen: Dazu gezählt werden Standzeiten, die zum Fahrvorgang gehören – etwa das Stehen an Bahnschranken, Ampeln oder Kreuzungen sowie die nicht selten lange dauernden Stehzeiten in Staus oder die Wartezeit an Grenzübergängen. Wenn der Fahrer seine Lenktätigkeit für mehr als 15 Minuten einstellt und dazu seinen Platz am Steuer verlässt, wird das nicht mehr zur Lenkdauer dazugerechnet.

Wie sind die Ruhezeiten definiert?

Ruhezeit ist im Prinzip die übrige Zeit neben der Lenkzeit, die ein Lkw-Fahrer zur Verfügung hat. Jetzt wird es allerdings ein wenig kompliziert: Täglich müssen mindestens elf Stunden an Ruhezeit eingeplant werden. Man kann sie aber auch partiell in zwei Zeitspannen einteilen, zum Beispiel erst einen Block von mindestens drei Stunden und anschließend später noch mal neun Stunden pausieren. Der Haken am Zersplittern der Ruhezeit ist, dass sich dann die minimale Dauer der Ruhezeit auf 12 Stunden erhöht. Eine Verkürzung auf neun Stunden ist zudem nur drei Mal inmitten von zwei wöchentlichen Ruhezeiten erlaubt.

Tägliche und wöchentliche Ruhezeit

Zur täglichen Ruhezeit muss noch die wöchentliche Ruhezeit von 45 Stunden addiert werden. Sie muss pro Woche absolviert werden. Eine Verkürzung auf 24 Stunden ist möglich, wenn man innerhalb der nächsten drei Wochen die fehlenden 21 Stunden der vorherigen Woche nachholt.

Hinweis: Wer die 21 Stunden wöchentliche Ruhezeit nachholen will, muss zudem daran denken, vorher neun Stunden Ruhezeit absolviert zu haben. Letztlich bedeutet dies, dass ein Minimum von 30 Stunden am Stück eine Pause eingelegt werden muss. Ebenfalls wichtig: Als Ruhezeiten gelten nicht der Aufenthalt im fahrenden Fahrzeug sowie die Zeit der Arbeit und/ oder der Arbeitsbereitschaft.

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Besonderheiten bei Ruhezeitennotoc

  • Die Ruhezeiten dienen der Erholung und müssen am Stück genommen werden.
  • Es dürfen keine beruflichen Tätigkeiten in diesem Zeitraum stattfinden.
  • Die vorgeschriebene Ruhezeit darf im Fahrzeug absolviert werden, es muss jedoch eine Schlafkabine vorhanden sein und das Fahrzeug darf nicht fahren.
  • Die tägliche Ruhezeit muss betragen, wobei diese in einem 24-Stunden-Zyklus genommen werden muss.
  • Die wöchentliche Ruhezeit muss mindestens 45 Stunden betragen, die zusammenhängend zu nehmen sind.
  • Die 45 Stunden sind nicht unbedingt an einem Samstag und Sonntag einzuplanen, sondern nach einem Zyklus von 6 mal 24 Stunden.

Fahrtunterbrechung nach 4,5 Stunden

Ein Fahrer ist zudem nach einem Lenkabschnitt von maximal 4,5 Stunden dazu verpflichtet, eine Fahrtunterbrechung einzulegen. Gestattet ist auch, die mindestens 45 Minuten Fahrtunterbrechung innerhalb der Lenkzeit von 4,5 Stunden zu tätigen. Nach Ende der absolvierten 45 Minuten Fahrtunterbrechung beginnen wiederum weitere 4,5 Stunden Lenkzeit.

Die Ruhezeit kann auch durch eine Pause von zunächst 15 Minuten und später durch eine 30-minutige Pause ersetzt werden. Aber auch hier darf in Summe die Lenkzeit nicht über 4,5 Stunden betragen. Die Pausen dürfen auch nicht gekürzt werden. Wählt der Fahrer diese Variante, ist zu beachten, dass erst die kurze Fahrtunterbrechung und dann die lange absolviert werden muss. Die genannten Lenkzeitunterbrechungen dürfen zudem nicht der täglichen Ruhezeit angerechnet werden.

Was sind „weitere Fahrtunterberechnungen“?

Der Zeitraum, in dem sich der Fahrer erholt und keinerlei Fahrertätigkeit nachgeht, ist allgemein eine sogenannte Fahrtunterbrechung. Dazu gehören Zeitspannen, welche der eigentliche Lkw-Fahrer auf dem Beifahrersitz verbringt sowie die Wartezeit beim Be- und Entladen.

Neue Regelung der EU zu Übernachtungen

Sowohl die täglichen als auch wöchentlichen Ruhezeiten müssen zwingend eingehalten werden, sagt der Gesetzgeber. Solange der Lkw über eine Schlafkabine verfügt, können die Ruhezeiten sogar im Fahrzeug absolviert werden. Dies kann sich durch eine Ende 2018 durch die EU verschärfte Regelung nun vermutlich bald ändern: Die Europäische Union hat auf die permanent zugestellten Parkplätze durch Brummi-Fahrer entlang der Autobahnen reagiert und ein Schlafverbot in der Kabine während der wöchentlichen Ruhezeit beschlossen. Dies geschah nicht zuletzt auch, um Fahrern die Möglichkeit zu geben, ihre Wochenruhezeiten optimal gestalten zu können.

Übernachtungsmöglichkeiten sind rar

Das Schlafverbot in der Kabine verschärft den Druck auf die Lkw-Fahrer bei der Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten. Hotels hingegen dürfen sich auf zusätzliches Geschäft freuen. (#2)

Das Schlafverbot in der Kabine verschärft den Druck auf die Lkw-Fahrer bei der Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten. Hotels hingegen dürfen sich auf zusätzliches Geschäft freuen. (#2)

Ob dies in der Praxis realisiert werden kann, wird sich allerdings noch zeigen. Wo finden sich die nun gefragten Übernachtungsmöglichkeiten für Lkw-Fahrer? Wer trägt die Kosten für die Übernachtungen im Hotel? Hier sind Konflikte vorprogrammiert.

In kleinen Pensionen abseits der Autobahnen gibt es zudem vermutlich nicht so viele und ausreichend große Parkmöglichkeiten für Lkw wie tatsächlich benötigt werden, so erste Kritiker des EU-Vorstoßes. Die Regelung wird aber sicherlich der Hotelbranche nutzen, zumindest den autobahnnahen Häusern, die über ausreichend große Parkplätze für Lastzüge verfügen. Ob diese ausreichen, ist allerdings zweifelhaft.

Weitere neue EU-Regeln

Darüber hinaus sollen nach der neuen EU-Verordnung folgende Regeln gelten, die jedoch wohl eher auf osteuropäische Trucker als die von deutschen Spediteuren auf den Weg geschickten Lkw-Fahrer zutreffen: Die Fahrer sollen spätestens nach vier Wochen in ihr Heimatland zurückkehren. Nach einer Woche mit maximal drei Fahrten soll eine sogenannte Abkühlphase von fünf Tagen folgen – also eine Zwangspause für Fahrer und Fahrzeug in dem jeweiligen Land.

Allerdings gibt es auch hier wieder eine Hintertür: Es darf bei den Nachbarn transportiert werden und mit geschickter Disposition lässt sich dies dann doch irgendwie arrangieren – sagen Kritiker.

Überforderung der Fahrer

Im vorher bereits angesprochenen Jahresbericht der „Unfallforschung der Versicherer“ wird auch über die hohe Belastung der Lkw-Fahrer berichtet: Hier äußerten zwei Drittel der befragten Lkw-Fahrer, wöchentlich mehr als 50 Stunden zu arbeiten. Ob die Lenk- und Ruhezeiten Lkw dann tatsächlich korrekt eingehalten werden, darüber kann man nur spekulieren. Im Jahresbericht gab etwa ein Drittel der Fahrer an, Probleme bei der Einhaltung der vorgeschriebenen Pausen zu haben.

Assistenzsysteme auf dem Prüfstand

Unfälle lassen sich auch durch Assistenzsysteme mit Notbremsfunktion verhindern. Obwohl inzwischen sehr viele Lkw über sie verfügen, verringern die elektronischen „Wächter“ die Zahl der Unfälle allerdings kaum. Der Grund: Die Systeme werden von den Fahrern nicht selten deaktiviert, weil sie Überholmanöver, für die der Windschatten des vorausfahrenden Lkw genutzt wird, behindern.

Ärgerlich ist auch für die Fahrer, wenn sich PKW-Fahrer in Staus in die knappen Lücken vor die Lastwagen drängen und das Lkw-Assistenzsystem eine abrupte Bremsung einleitet.

Diese Bußgelder drohen bei Verstößen

Die Bußgelder sind schmerzhaft und sorgen stets für Unmut mit dem Chef, denn neben dem Lkw-Fahrer ist auch stets der Unternehmer von Bußgeldern bedroht.

Infografik: Bußgeld-Katalog „Lkw Lenk- und Ruhezeiten“. Quelle: VDO

Infografik: Bußgeld-Katalog „Lkw Lenk- und Ruhezeiten“. Quelle: VDO

Ein Beispiel: Wenn man die Ruhezeit um mehr als 3 Stunden verkürzt, muss der Fahrer 60 Euro und der Unternehmer das Dreifache zahlen, also 180 Euro. Bei der Lenkzeitunterbrechung kommt es auf jede Minute an: Eine Verkürzung von bereits unter 15 Minuten kosten den Fahrer 30 Euro, Unternehmer zahlen 180 Euro Strafe.

Zahlen muss auch, wer die zulässige Tageslenkzeit überschreitet oder die Fahrerkarte bei Prüfung nicht vorlegen kann. Richtig teuer kann es außerdem werden, wenn man die Wochenruhezeit im Lkw oder an einer Stelle verbringt, in der es keine geeignete Schlafmöglichkeit gibt. Hier zahlt der Fahrer schnell bis zu 500 Euro, der Unternehmer muss unter Umständen bis zu 1.500 Euro hinblättern.

Ausnahmen bei der Regelung der Lenkzeit im Falle eines Staus?

Wie erwähnt, ist die Lenkzeit die Zeit, die ein Fahrer hinter dem Steuer eines fahrenden Lkw verbringt. Nicht nur die bloße Fahrzeit, also wenn sich das Fahrzeug bewegt, zählt dabei als Lenkzeit. Auch die Zeit, die beim Warten an Ampeln, Kreuzungen, Bahnübergängen und Staus verbracht wird, gilt als Lenkzeit. Wenn eine Überschreitung der Lenkzeit wegen eines Staus eintritt, gibt es hierbei keine Ausnahme. Wichtig: Wenn ein Lkw-Fahrer kurz vor Ende Ihrer Lenkzeit in einen Stau gerät, ist er verpflichtet, die nächste Ausfahrt zu nehmen, um die Lenkzeit nicht zu überschreiten.

Gelten die Regeln auch für Busfahrer?

Ja – Fahrer, die beruflich Personen mit einem Bus transportieren werden vom Gesetz gleich behandelt wie Lkw-Fahrer. Die Lenk- und Ruhezeiten müssen gemäß der Verordnung zur Durchführung des Fahrpersonalgesetzes (FahrpersonalverordnungFPersV) von allen Berufskraftfahrern eingehalten werden. Auch Busfahrer sind daher bei einer Lenkzeitüberschreitung nicht vor entsprechenden Bußgeldern gefeit.

Spannungsfeld „Lkw-Fahrer – Unternehmer“

Das Spannungsfeld zwischen dem Unternehmer und dem Lkw-Fahrer ist so alte wie das Transportwesen selbst. Doch jetzt mit dem digitalen Tachographen der vierten Generation rückt dieser Konflikt ganz besonders in den Fokus, denn jetzt wird das Entdeckungsrisiko für Nichteinhaltungen der Lenk- und Ruhezeiten steigen. (#3)

Das Spannungsfeld zwischen dem Unternehmer und dem Lkw-Fahrer ist so alte wie das Transportwesen selbst. Doch jetzt mit dem digitalen Tachographen der vierten Generation rückt dieser Konflikt ganz besonders in den Fokus, denn jetzt wird das Entdeckungsrisiko für Nichteinhaltungen der Lenk- und Ruhezeiten steigen. (#3)

Der Lkw-Fahrer sitzt hier oftmals zwischen den Stühlen. Die Zielvorgaben für den Lkw-Fahrer sind oft zeitlich sehr eng getaktet und nur einzuhalten, wenn die Straßen eine hohe durchschnittliche Geschwindigkeit des Lkw zulassen. Dem steht jedoch die hohe Verkehrsdichte in Deutschland entgegen.

Will der Lkw-Fahrer seine Zielvorgaben einhalten, sieht er oft nur den Ausweg im Nichtbeachten der Lenk- und Ruhezeiten. Hier riskiert der Lkw-Fahrer jedoch empfindliche Bußgelder und den Konflikt mit dem „Chef“.

Ausweg aus dem Dilemma: Der digitale Tachograph DTCO 4.0

Der digitale Tachograph – wie etwa das Modell DTCO 4.0 von VDO – zeichnet eine Vielzahl von Informationen (Verzeichnis auf der Webseite von VDO) auf. Auch und gerade die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten wird im Datensatz des digitalen Tachographen offensichtlich. Auf den ersten Blick könnte diese Offensichtlichkeit das Dilemma des Lkw-Fahrers verstärken.

Wer jedoch genauer hinsieht, wird feststellen, dass es gerade die Offensichtlichkeit in Verbindung mit der Strafbewehrung ist, welche den Unternehmer zwingt, schon bei der Disposition die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten zu berücksichtigen. Somit wird letztlich gerade der digitale Tachograph zum Anwalt des Lkw-Fahrers, indem er die Planungsdefizite des Unternehmers offenbart.

Mehr Druck auf den Unternehmer durch die Kontrolle im Vorbeifahren

Gerade die Kontrollgeräte wie der DTCO 4.0 verschärfen die Situation noch weiter. Während bislang eine Kontrolle der Fahrtenschreiber nur am stehenden Fahrzeug erfolgen konnte, ist es durch die DSRC-Technologie den Kontrolleuren möglich, bereits im Vorbeifahren am Lkw Einblick in aufgezeichnete Daten zu nehmen. Somit können durch die Kontrollbehörden in kürzerer Zeit mehr Fahrzeuge kontrolliert werden. Für den Unternehmer birgt somit ein Planungsfehler in der Disposition ein wesentlich höheres Entdeckungs- und somit Bußgeldrisiko als früher. Auch hier erweist sich der digitale Tachograph der 4. Generation als indirekter Anwalt des Lkw-Fahrers.

Welche Daten können per DSRC-Schnittstelle im Vorbeifahren ausgelesen werden?

Die DSRC-Schnittstelle gibt den Kontrolleuren Zugriff aus ausgewählte Daten im digitalen Tachographen. Eine Auflistung der zugriffsfähigen Daten gibt die Webseite von VDO.

Bessere Kontrollen sind nötig

Laut einer Umfrage bei den zuständigen Landesbehörden finden Kontrollen in Deutschland je nach Bundesland jeweils in höchst unterschiedlicher Intensität statt. In Baden-Württemberg durchschnittlich alle 31.000 Kilometer, in Sachsen beispielsweise nur alle 160.000 Kilometer. Hier kann sich jeder ausrechnen, wie oft Lkw tatsächlich von der Polizei angehalten werden und die Fahrtenschreiber auf Verstöße der Lenk- und Ruhezeiten überprüft werden. Dazu auch die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Kirsten Lühmann „Die besten Rahmenbedingungen sind sinnlos, wenn nicht darauf geachtet wird, dass sie eingehalten werden“, heißt es in einem Artikel der Verkehrsrundschau vom November 2018.

Bei einer Verkehrskontrolle hat die Autobahnpolizei Münster Mitte 2018 einen Lkw-Fahrer erwischt, der über 60 mal gegen die Vorschriften zu den Lenk- und Ruhezeiten verstoßen hat, berichten die Westfälischen Nachrichten. Hier wird deutlich, dass es wohl manche Fahrer tatsächlich nicht so genau nehmen mit den Vorschriften: Der 50-jährige Fahrer aus Südtirol hatte neben seiner eigenen Fahrerkarte offensichtlich seit mehreren Monaten auch die Fahrerkarte einer weiteren Person benutzt. Den 50-Jährigen und den Halter des Lkw erwarten Strafverfahren. Zudem setzten die Polizisten eine Geldbuße von über 30.000 Euro fest. „Bis zur Zahlung des Geldes darf der Lkw nicht weiterfahren“, heißt es in der Pressemitteilung der Polizei.

Konsequenzen auch für Spediteure

Neben den Fahrern werden bei Nichteinhaltung der Vorschriften zudem die Unternehmen zur Kasse gebeten, im Falle eines Unfalls können sie sogar in die Haftung genommen werden. Der Frachtführer/Spediteur ist verpflichtet, eine realistische und den jeweiligen Verkehrsbedingungen angepasste Tourenplanung für seinen Fahrer vorzunehmen.

Wenn die Vorgaben und Termine zu knapp bemessen sind – zum Beispiel keine Staus oder anderweitige Verzögerungen einkalkuliert, oder wird dem Fahrer gar mit Konsequenzen gedroht, wenn er nicht pünktlich liefert, führt das zur Missachtung der Vorgaben durch die Fahrer, die per se gar nichts dafür können.

Übrigens: Die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten ist auch in den Unternehmen selbst zu überprüfen, so das Gesetz. Die regelmäßige Speicherung, Archivierung sowie das Auslesen der Fahrerkarten- und Massenspeicherdaten gehören zu den Pflichten eines jeden Speditionsunternehmens.


Bildnachweis: © Infografik VDO, shutterstock – Titelbild welcomia, #1 Africa Studio, #1 Peteri, #2 Kzenon

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