Reform des Glücksspielstaatsvertrages: Neue Arbeitsplätze in Aussicht?

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Der Markt für Sportwetten ist in Deutschland de facto illegal. Eine Reform des Glücksspielstaatsvertrages erscheint dringender denn je. Entstehen als Folge neue Arbeitsplätze?

Reform des Glücksspielstaatsvertrages: Aktuelle Situation

Kanzlerin Merkel berät aktuell mit den Ländern über eine Reform des Glücksspielstaatsvertrages. Der Grund: Es gibt praktisch keine Regelungen für Sportwetten, die eingehalten werden. Problem ist das Europarecht und seine mangelnde Konformität mit hiesigem Recht. Das nutzen Anbieter von Glücksspiel aller Art aus. Diese tummeln sich am Markt, ohne vom deutschen Staat behelligt zu werden, bieten aber natürlich auch einige Jobs. Laut „Handelsblatt“ immerhin fast 200000 in Deutschland. Mal mehr, mal weniger gut bezahlt.

Ausgewählte Tätigkeiten in der Glücksspielbranche:

  • Buchmacher
  • Croupier
  • Service-Team
  • Reinigungs-Team
  • Softwareentwickler (online)
  • Mathematiker/Statistiker (vor allem online)
Entstehen durch mögliche Änderungen der Glücksspielregeln neue Arbeitsplätze? (#1)

Entstehen durch mögliche Änderungen der Glücksspielregeln neue Arbeitsplätze? (#1)

Neue Jobs in der Branche?

Es bleibt die Frage, ob durch mögliche Änderungen der Glücksspielregeln neue Arbeitsplätze entstehen. Die zuständigen Bundesländer sind gespalten. Die Motive von Ländern mit dem Wunsch nach Liberalisierung sind spannend. Deren Rechnung ist simpel: Durch einen weitgehend freien Markt vergrößert man das Angebot an Sportwetten aller Art, gleichzeitig erhöhen sich die Wetteinsätze und Umsätze der Spieleanbieter.

Es kommt mehr Geld ins System und die Wettanbieter stellen neue Mitarbeiter ein. Soweit die Theorie. Praktisch boomt die Branche schon heute: Alleine die Steuereinnahmen erhöhten sich laut ZDF-„heute“ von 84 Millionen im Jahre 2012 auf 376 Millionen im letzten Jahr.

Hätten neue Arbeitsplätze nur positive Folgen?

Aus dem Lager der Politik kommt aufgrund dieser positiven Steuereinnahmen kein wirklicher Druck für eine endgültige Regelung. Die Anbieter bezahlen ihre Steuern, trotz juristisch fragwürdiger Konstruktion. Der Fiskus ist also zufrieden und ob es wirklich nach einer Reform des Glücksspielstaatsvertrages zu einem Job-Boom kommt und ob dieser nur positive Folgen hätte, da sind ehrliche Zweifel angebracht. Dringender erscheint eher die Frage nach einem Schutz der Gamer vor den Gefahren der Spielsucht.

Ein Casino-Besuch kann mit hohen Verlusten enden. (#2)

Ein Casino-Besuch kann mit hohen Verlusten enden. (#2)

Sportwetten als Einfallstor zum Spielen

Dieser Schutz sollte bei allem Verständnis für neue Arbeitsplätze eine Priorität für den Gesetzgeber haben, sobald die Reform des Glücksspielstaatsvertrages durch ist. Denn Sportwetten können durchaus das Einfallstor für große Online-Casinos sein, welche übrigens bereits nach aktuellem Staatsvertrag untersagt sind. Und zwar sowohl durchs Europarecht wie durch die Verfassung.

Eine wasserdichte Regelung, die auch das Bundesverwaltungsgericht im Oktober 2017 bestätigt hat. Aber: Auch hier fehlt der letzte politische Wille, dieses Recht durchzusetzen. Bis heute sind derartige Spielformen am Markt aktiv, was Experten wie Professor Ennuschat von der Ruhr-Universität Bochum in zdf-„heute“ stark kritisieren.

Anbieter mit Lizenzen aus Malta und Gibraltar

Kurios: Diese in Deutschland tätigen Anbieter besitzen meist sogar eine Lizenz. Aber in der Regel aus Gibraltar oder Malta. An deutsches Recht fühlen sich diese Veranstalter nicht gebunden. Aus diesem Grund handelt es sich formal um illegale Wettangebote, die trotzdem von jedermann gespielt werden können.

Ziel der Politik ist nun, Spielregeln zu formulieren, auf dessen Grundlagen ein gesetzlich korrekter Spielbetrieb möglich ist. Inwieweit nach einer Neuregelung Arbeitsplätze entstehen oder sogar wegfallen, ist dabei nur ein Kriterium.

Branche fürchtet Verlust von 40.000 Jobs

Auf Seiten der Wettanbieter gibt es schon Interesse an Vereinbarungen. Schließlich handelt es sich in vielen Fällen um börsennotierte Aktiengesellschaften. Die benötigen ein seriöses Umfeld, speziell in punkto Kreditwürdigkeit und einer möglichst positiven Bewertung durch Rating-Agenturen. Die Branche warnt indes schon jetzt vor dem Verlust zahlreicher Arbeitsplätze, sollte die Reform des Glücksspielstaatsvertrages zu verschärften Regeln führen.

Spielhallen (offline) gegen Internet-Wetten (online)

Laut „Glücksspielbarometer“ vom März diesen Jahres könnten bis 2021 sogar 40.000 Jobs wegfallen. Insbesondere Spielhallen, die nach dem Ende einer Übergangsfrist keine neue Konzession mehr erhalten, sind vom Aus bedroht. Grund ist ein Mindestabstand der Spielhallen von je nach Bundesland ungefähr 250 bis 500 Metern zu Gebäuden, die mehrheitlich von Kindern und Jugendlichen besucht werden.

Dabei gilt: „Offline“ lässt sich naturgemäß besser kontrollieren als Angebote im Internet. Seien es Sportwetten oder die Zocker-Casinos. Hier gibt es einige Anbieter jenseits des staatlichen Oddset, die legal und mit Lizenz am Sportwetten-Markt tätig sind. Andere befinden sich auch hier in einer juristischen Grauzone oder sind illegal. Um die Bürger vor zu viel Online-Wetten zu schützen, könnten zum Beispiel Kreditlimits helfen. Aber das funktioniert auch nur, wenn die Spieler sich ihrer eigenen Verantwortung stellen und mitmachen.

Reform des Glücksspielstaatsvertrages: Was planen Bund und Länder?

Der Staat ist in einer Zwickmühle. Vergibt er großzügig Lizenzen, dürften seine Steuereinnahmen wachsen und der eine oder andere neue Arbeitsplatz entstehen. Politisch ist dies aber weniger zu erwarten. Die Folgen erscheinen zu unklar. Man möchte seine Bürger nicht noch mehr in die Spielhallen treiben oder zum Sportwetten via Smartphone verleiten. Der Gesundheitsschutz, speziell der Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie die Suchtprävention haben klar Vorrang vor einer weiteren Liberalisierung. Das steht so im aktuellen Glücksspielvertrag. Und auch bei einer Neufassung des Staatsvertrages dürfte dies in ähnlicher Form im Gesetz enthalten sein.

Bei Online-Wetten sollten sich Spieler Kreditlimits setzen. (#3)

Bei Online-Wetten sollten sich Spieler Kreditlimits setzen. (#3)

Suchtprävention und Schutz als Ziel

Angesichts der rigiden Tendenz hin zu Prävention und Schutz ist es also wenig wahrscheinlich, dass es nach einer Reform des Glücksspielstaatsvertrages zu vielen neuen Jobs in der Glücksspielbranche kommt. Der Markt im Internet bleibt ein eigenes Kapitel. Weil in den meisten Fällen Wettanbieter ihren Sitz im Ausland haben, dürften die positiven Effekte für den deutschen Arbeitsmarkt ohnehin eher schwach ausfallen.

Gesellschaftliche Verantwortung

Neue Arbeitsplätze sind gut und wichtig. Aber nicht um den Preis zu hoher gesellschaftlicher Nachteile. Die Glücksspielbranche ist keine gewöhnliche Branche, sondern hat aufgrund ihres Suchtpotentials auch eine besondere Pflicht. Hohe Verschuldung und ein Kontrollverlust von Menschen mit Spielsucht sind ernst zu nehmen.

Fazit:

Glücksspiel in Maßen kann Spaß machen und eine nette Freizeitbeschäftigung sein. Der Gesetzgeber sollte und wird aber bei jeder Reform des Glücksspielstaatsvertrages mögliche negative Folgen für Staat und Gesellschaft beachten. Damit erscheint ein wahrer Boom an Arbeitsplätzen wenig wahrscheinlich.


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